Wächst die Schweiz in den Wald?

Im Rahmen der Forstmesse Luzern lud der WVS am 19. August zu einem Fachkongress zum Thema „Wald und Raumplanung“ ein. Vor dem Hintergrund des zunehmenden Siedlungsdrucks auf die Landwirtschaftsflächen debattierten sechs Referenten aus Raumplanung, Naturschutz, Forst, Bauwirtschaft und Landwirtschaft über eine Lockerung des gesetzlichen Waldflächenschutzes und über eine möglichen Eingliederung der Waldflächenpolitik in die Raumplanungsgesetzgebung. Nach Auffassung des WVS reichen die bestehenden Gesetze aus, um die raumplanerischen Herausforderungen zu bewältigen. Man müsse sie aber konsequenter anwenden.

Während sich die beiden Vertreter der Land- und der Bauwirtschaft für eine Sicherstellung der Walderhaltung im Rahmen des Raumplanungsgesetzes aussprachen, waren die vier übrigen Referenten dagegen. Auch Waldwirtschaft Schweiz ist der Ansicht, dem Siedlungsdruck in Ballungsräumen und der Waldflächenausdehnung in Gebirgsregionen könne mit den bestehenden Gesetzen ausreichend begegnen werden. Eine Lockerung des Waldgesetzes berge die Gefahr, dass der hoheitliche Schutz von Waldflächen persönlichen Interessen untergeordnet wird.

Da heute vor allem landwirtschaftliches Kulturland den Siedlungsprojekten zum Opfer fällt, forderte Bauernverbandspräsident Hansjörg Walter eine Gleichstellung der verschiedenen Flächennutzungen vor dem Gesetz. Dazu müsse zum einen der Rodungsschutz gelockert werden, zum anderen sei die Waldflächenpolitik der Raumplanung zu unterstellen. Charles Buser von Bauenschweiz (Dachorganisation der Schweizer Bauwirtschaft) sprach sich ebenfalls dafür aus, den Waldschutz durch die Raumplanungsgesetzgebung sicherzustellen.

Die übrigen vier Referenten jedoch standen einer Aufweichung der Waldgesetzgebung und der Eingliederung der Wälder in das Raumplanungsgesetz skeptisch gegenüber. Ueli Meier, Kantonsförster beider Basel, sagte, die bestehenden Gesetze ermöglichten es durchaus, Bauprojekte von öffentlichem Interesse auch auf Waldflächen durchzuführen. Christian Ley, Oberförster der Stadt Luzern, sprach sich ebenfalls gegen eine  Lockerung des Waldgesetzes und für die bestehende Sonderstellung des Waldes in der Raumplanung aus. Er forderte einen konsequenteren Vollzug der aktuell gültigen Gesetzgebung.

Ein wichtiges, heute noch zu wenig genutztes Instrument sei die Mehrwertabschöpfung. Sie gestattet es den Kantonen, den durch Einzonung zu Bauland entstandenen Mehrwert von Flächen vom Eigentümer einzufordern. Die Mehrzahl der Referenten - und auch die Vertreter des WVS - waren sich einig, dass die Wertsteigerungen von neuem Bauland heute vor allem den Eigentümern der Flächen zu Gute kämen und dass die Einzonung oft Gegenstand von Spekulationen sei.

Würde der Schutz von Waldflächen gelockert, bestehe die Gefahr, dass auch der Waldboden der Spekulation ausgesetzt wird. Darauf machte neben Ueli Meier auch Lukas Bühlmann von der Schweizerischen Vereinigung für Landesplanung aufmerksam. Dr. Otto Sieber, Zentralsekretär von Pro Natura, meinte, der Bauernverband sei besser beraten, sich für einen stärkeren Schutz der Kulturflächen einzusetzen, als sich für die Aufweichung des Waldschutzes stark zu machen.

Medienmitteilung Waldwirtschaft Schweiz vom 19. August 2011 zum Kongress „Wald und Raumplanung“, am 19.08.2011, auf der Forstmesse Luzern

© 2024, WaldZürich, VZF, Redaktion Zürcher Wald