Beratung Revision Waldgesetz im Nationalrat: Die Wälder im Mittelland bleiben geschützt

In der Schweiz ist der Wald in den letzten 15 Jahren um eine Fläche von der Grösse des Kantons Schaffhausens gewachsen. Wie der Ständerat will auch der Nationalrat das Vordringen des Waldes eindämmen und dazu das Waldgesetz lockern.

Wer heute ein Stück Wald roden will, muss die gleiche Fläche andernorts wieder aufforsten. An diesem Prinzip wollen die Räte zwar grundsätzlich festhalten. Sie wollen es aber in einigen Punkten aufweichen.

Während der Wald in den Berggebieten wachse, stehe er im Mittelland nach wie vor unter Druck, sagte Beat Jans  (SP/BS) im Namen der vorberatenden Kommission. Diesen unterschiedlichen Realitäten gelte es Rechnung zu tragen.

Die Kommission schlug vor, dass in Gebieten mit zunehmender Waldfläche anstelle von Realersatz gleichwertige Massnahmen zu gunsten des Natur- und Landschaftsschutzes getroffen werden können.

Druck auf Mittelland-Wälder nicht erhöhen

In allen übrigen Gebieten soll nur ausnahmsweise auf Realersatz zu gunsten von gleichwertigen Massnahmen verzichtet werden können. Bedingung ist, dass so landwirtschaftliches Kulturland sowie ökologisch oder landschaftlich wertvolle Gebiete geschont werden können. Auf den Rodungsersatz soll auch bei Waldstücken verzichtet werden können, die in den letzten 30 Jahren eingewachsen sind.

Vertreter aus den Reihen von SVP und FDP wollten weitergehen. Albert Rösti (SVP/BE) beantragte, dass auch im Mittelland oder anderen Gebieten wo sich der Wald nicht ausbreitet, auf Realersatz verzichtet werden kann, soweit landwirtschaftliches Kulturland erhalten wird oder gleichwertige Massnahmen des Natur- und Landschaftsschutzes getroffen werden. Und Hans Grunder (BDP/BE) forderte eine Frist für vergandetes Land von 40 statt 30 Jahren.

Referendumsdrohung

Die linken Parteien, die CVP, die Grünliberalen und die zuständige Bundesrätin Doris Leuthard warnten vor diesen Anträgen. Damit drohe der Wald im Mittelland ganz zu verschwinden, sagte etwa Martin Bäumle (GLP/ZH).

Bei der Einzonung von Landwirtschaftsland würde so als Ersatz für das Kulturland Wald gerodet und urbar gemacht. Damit gerate der Wald immer mehr unter Druck, sagte Bäumle und drohte mit einem Referendum für den Fall, dass das Waldgesetz so stark gelockert würde.

Andere Parlamentarier wiesen auch darauf hin, dass eine frühere Revision des Waldgesetzes genau an dieser übertriebenen Lockerung gescheitert sei. Die Warnungen verhallten nicht ungehört. Der Antrag Rösti wurde mit 106 zu 65 Stimmen abgelehnt, jener von Grunder mit 98 zu 79 Stimmen.

Vorderhand keine Spezialregeln für Windräder

Der Nationalrat wollte auch nicht, dass für den Bau von Windrädern oder anderer Anlagen zur Produktion erneuerbarer Energien auf den Realersatz verzichtet werden kann. Diesen Vorschlag hatte die Raumplanungskommission des Nationalrats gemacht.

Für Max Binder (SVP/ZH) ist dieser noch nicht genug durchdacht. Zudem sei dazu keine Vernehmlassung durchgeführt worden. Zuerst solle nun der Bundesrat die Konsequenzen einer solchen Regelung abklären, sagte er und forderte, auf den Passus zu verzichten.

Es seien andere Vorstösse hängig, in denen das Thema wieder aufgenommen werden könne. Der Rat folgte diesen Argumenten und entschied mit 132 zu 34 Stimmen, den Artikel wieder zu streichen. Er hiess auch gleich eine Motion gut, mit der Bund und Kantone beauftragt werden, geeignete Standorte für Windenergienutzung in Waldgebieten auszuscheiden.

Weiter entschied der Rat dafür, dass die Waldgrenzen nicht nur in Bezug auf angrenzende Bauzonen planerisch festgestellt werden müssen, sondern neu auch in Bezug auf Landwirtschaftszonen. Damit würden Büsche und Bäume, die über die definierte Grenze hinauswachsen, nicht mehr als Wald im Sinne des Gesetzes gelten. Sie könnten somit ohne Ersatzmassnahmen gerodet werden.

In der Gesamtabstimmung hiess der Nationalrat die Gesetzesrevision einstimmig gut. Sie geht nun zur Differenzbereinigung in den Ständerat zurück.

Quelle: 20-Minuten Online, 1. März 2012

© 2024, WaldZürich, VZF, Redaktion Zürcher Wald