Bauen mit Laubholz: Eine Ära beginnt mit vielen Vorbehalten

An der Generalversammlung der ZürichHolz AG sprach Holzbauer Hermann Blumer in einem faszinierenden Vortrag zum Thema Bauen mit Laubholz. Die Erkenntnis war: Es geht doch!

Eine 100 jährige Buche hat 600'000 Blätter, braucht 120 Quadratmeter Platz, produziert Holz und jeden Tag so viel Sauerstoff, wie zwei Personen zum Leben benötigen. Als Werkstoffe habe Laubholz eine hohe Festigkeit, sei aber in der Regel bei Verwendung im Aussenbereich nicht sehr dauerhaft. Die Holzindustrie und sogar die Waldwirtschaft beklagten bei jeder Verarbeitungsstufe den Mehraufwand mit Laubholz. Der Appenzeller Holzbauingenieur bedauert dies und ist überzeugt: Bauen mit Laubholz ist möglich.
Das Know-How zur hochwertigen Verarbeitung von Laubholz sei verloren gegangen. Früher sei Laubholz im Schiffbau, im Fahrzeugbau und im Flugzeugbau verwendet worden. Blumer erwähnte den Säntispark und den Steg bei Rapperswil als Beispiele, bei denen in neuerer Zeit im grösseren Stil Laubholz verwendet worden sei. Es ist aber noch viel mehr möglich. Zusammen mit Studenten der Zürcher Hochschule für angewandte Wissenschaften wurden Backsteine und neue, vielversprechende Einsägetechniken für Buchenrundholz entwickelt. Blumer zeigte auf, dass sich Laubholz ausgezeichnet eignet, um schmiegsame, sogenannte bionische Formen zu erzeugen. Die Verarbeitungstechnik lasse sehr hohe Genauigkeiten zu. Grosse Bauteilen werden heute so zusammengefügt, dass nicht einmal mehr eine Rasierklinge darin Platz habe. Diese Genauigkeit erlaube deshalb auch eine effiziente und dezentrale Arbeitsteilung zu, welche zu einer massiven Beschleunigung beim Bauen führe. In einem Feuerwerk von Laubholzanwendungen zeigte Blumer, dass MDF-Platten aus Buche oder Eiche problemlos machbar sind, dass in Spanien Laubholzbalken industriell geleimt würden oder, dass Buchenbalken mit einem ausgeborten Kern weniger reissen. Auch beim Brandverhalten und in der Statik würden hervorragende Ergebnisse erzielt. Ein Clip zeigte, dass eine Backsteinmauer bei 100 Tonnen Druck zusammenbricht, eine vergleichbare Laubholzwand bei 400 Tonnen. Furore machen auch vorarmierte Holzböden, die mit Beton ausgegossen werden oder Buchensperrholzbolzen, welche etwa das neue Holzhaus des TA-Media Konzerns zusammenhalten und Metallverbindungen gänzlich überflüssig machen.
Blumer wies darauf hin, dass der Prozess vom Wald bis zur Verarbeitung optimiert werden müsse und, dass vor allem beim Konsumenten für Laubholzanwendungen geworben werden müsse. Blumer sprach in diesem Zusammenhang von "Fans züchten". In der Stadt Zürich finde derzeit ein wahrer Holzbauhype statt, um den er uns «da unten in Zürich» richtig beneide. Zukunftsmusik ist für Blumer das versteinerte Holz. Es sollte in Zukunft gelingen Silikat und Holz zu verbinden. Damit liessen sich Wolkenkratzer aus Holz bauen. Der Saal, in dem es während den Ausführungen mäuschenstill war, quittierte das Referat mit einem langen, kräftigen und auch aufgebrachten Applaus.

Quelle: Waldwirtschaftsverband Kanton Zürich, Felix Keller, 24. Mai 2012

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